Immer wieder höre ich, dass junge Frauen nicht auf die Älteren hören. Dass junge Frauen viel zu spät draufkommen, dass sie ungleich behandelt werden. Dass … Und die Diskussion zieht sich jetzt schon länger und ist immer wiederkehrend.
In der ganzen Zeit, in der ich mit dem Thema konfrontiert bin, habe ich verschiedene Lebensphasen durchlaufen. Von der Mutter zweier schulpflichtiger Töchter bis hin zur Großmutter. Sprich ich bin von der jungen Frau in das Alter gewechselt, in dem die Frauen jammern, dass ihre Töchter oder andere junge Frauen nicht auf sie hören. Jetzt frage ich mich, warum sollten sie das tun? Müssten wir die Sache nicht vielleicht anders rum angehen? Oder vielleicht geht es auch um die Augenhöhe?
Ich möchte hier als Analogie eines meiner Kernthemen, nämlich die Digitalisierung bringen. Auf diesem Gebiet habe ich im letzten Jahr viel Neues gelernt. Nicht, weil ich so viel gelesen habe (das natürlich auch) oder eine Weiterbildung besucht habe, sondern vor allem, weil ich mir die Erzählungen anderer angehört habe. Die begeisterten Berichte über Online-Weihnachtsfeiern, Online-Spiele, YouTube hier, Video da waren sehr spannend. Und ich habe dann alles ausprobiert und Erstaunliches herausgefunden. Ein anderer Weg war, dass ich Leute dazu eingeladen haben, mit mir zu experimentieren. Schminken über Zoom, Filmen mit dem iPhone und in Zoom übertragen, eine Spielwiese für Online-Tools und was es da sonst noch für technische Spielereien gibt. Und vor allem die BPW-Frauen aus meinem und anderen Clubs waren da sehr gerne dabei.
Diese Erfahrung von mir lässt sich auch auf den Feminismus umlegen. Austausch und Rat statt Belehrungen sind das Gebot der Stunde. Dinge ausdiskutieren, aber auch sich selbst das eine oder andere Mal zurück nehmen und anderen zuhören. Das Fachwissen des Gegenübers akzeptieren, ihrer Geschichte andächtig lauschen. Ja, es ist hart, dabei zuzuschauen, wie die eigenen Töchter die eigenen Fehler wiederholen. Oder noch härter ist es, wenn sie genau das Gegenteil von dem tun, was man als Mutter vorgelebt hat. “Ich bleibe zu Hause bei meinen Kindern” darf nicht “mach dich nicht abhängig von einem Mann” als Reaktion erhalten. Die simple Empfehlung, sich zum Thema Pensionssplitting zu informieren, bringt wahrscheinlich mehr ins Laufen als gegen die Entscheidung zur Hausfrau Sturm zu rennen.
Wir müssen unsere bestehenden Formate anpassen, erweitern und flexibler machen. Wir brauchen Formate, in denen wir uns austauschen und voneinander lernen können. Aber auch da ist es wichtig, darauf zu schauen, wo finde ich die jeweils andere Generation. Vielleicht bietet gerade Covid-19 die Chance, die Kluft zwischen den Generationen zu verkleinern. Indem wir Brücken bauen, auch als Pensionistinnen wieder ins Spielerische zurück fallen. Lasst uns Grenzen dehnen, uns gegenseitig unter die Arme greifen und Wege finden, wie wir “Alten” die jungen Frauen aufwerten können und dabei auch von ihnen lernen können. Vielleicht müssen wir aber auch einfach nur die Begriffe austauschen und zusätzlich zu Mentoring und Powerteams Working out Loud (WOL) Zirkel oder LeanIn Zirkel anbieten.
Ich meine, wir sollten von Anspannung in Entspannung wechseln und lernen, auch den jüngeren Frauen zuzuhören. Wir müssen akzeptieren, dass junge Frauen ihre eigenen Erfahrungen machen müssen. Wir müssen aber auch bereit sein, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, ohne unseren Willen durchzusetzen. Auch wenn die Wiederholung vom immer selben Thema die Reaktion provoziert “gehen wir doch einen Schritt weiter, das hatten wir schon”.
Dieser Beitrag wurde geschrieben von Ulrike Gutkas. Ich freue mich über Rückmeldungen und Diskussionsbeiträge entweder auf Facebook oder LinkedIn.