Österreich „hinkt“ ja seit jeher Deutschland um ein paar Jahre hinterher. So hat sich das zumindest in manchen Köpfen eingeprägt und war in den 90ern eine Art „Running Gag“. Nun haben wir auch endlich geschafft, was uns unsere deutschen Nachbar*innen seit vielen Jahren voraus haben – wir haben eine Bundeskanzlerin!
Nach den turbulenten innenpolitischen Wochen ist dies gleich ein doppelter Grund zur Freude. Erstens kehrt somit wieder ein Stück Stabilität ein (zumindest bis zu den Neuwahlen) und zweitens hat Brigitte Bierlein dafür gesorgt, dass in der Regierung ERSTMALS ein Gleichstand der Geschlechter herrscht. Keine Regierung davor hat dies geschafft. Es bleibt zu hoffen, dass sich die nächste Regierung an dem ein Beispiel nimmt, denn die Ausrede „es gibt keine qualifizierten Frauen, wir haben eh so lange gesucht“, gilt dann einfach nicht mehr. Es gibt sie und zwar zahlreich. In politischen Ämtern, unter den Beamt*innen, in der Privatwirtschaft, in öffentlichen Institutionen – überall finden sich qualifizierte Frauen!
Vielleicht würden sich auch mehr Frauen ein politisches Amt zutrauen, wenn sie in der Berichterstattung gleich wie die Männer behandelt würden und ihre Qualifikation im Vordergrund stünde. Auch bei Brigitte Bierlein, der ERSTEN Bundeskanzlerin (es kann nicht oft genug betont werden) und somit nach dem Bundespräsidenten die zweitwichtigste Person im Staat, wurde sehr schnell ihr Äußeres und ihre privaten Lebensumstände („hat ihr Leben ausschließlich dem Beruf gewidmet“) in den Vordergrund gerückt. Hätte sie Kinder, wäre wahrscheinlich die erste Frage gewesen, wie sie denn ihr bisheriges Berufsleben mit der Familie vereinbaren konnte und wäre sie verheiratet „was denn ihr Mann dazu gesagt hat, dass sie Kanzlerin werden soll“.
Aber bleiben wir beim Positiven. Gemeinsam mit Brigitte Bierlein ziehen fünf hochqualifizierte Frauen in die Regierung und die Ministerien „Nachhaltigkeit und Tourismus“, „Bildung, Wissenschaft und Forschung“, „Digitalisierung und Wirtschaftsstandort“ sowie „Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz“ sind ab sofort in weiblicher Hand und auch Kanzler*innenamtministerin ist eine Frau. Freuen wir uns darüber und hoffen wir, dass hier ein Zeichen gesetzt wird – ein Zeichen für 50/50 in politischen Ämtern, ein Zeichen für alle Frauen und Mädchen, sich große Aufgaben zuzutrauen und ein Zeichen dafür, dass wir gemeinsam mit den Männern die Welt regieren müssen – immerhin sind wir Frauen mehr als 50% der Bevölkerung.
Dass es auch die Möglichkeit gegeben hätte, von den 10 Minister*innen Posten 6 oder mehr an Frauen zu vergeben und somit das „Ungleichgewicht“ der letzten Jahre in umgekehrter Folge herzustellen, wollen wir hier jetzt gar nicht näher erläutern. Das dies nicht geschehen ist, zeigt einmal mehr, dass Frauen die besseren Führungskräfte sind – 50/50 ist eine Selbstverständlichkeit und wird nicht in Frage gestellt. Das ist Female Power!
BPW Austria gratuliert Frau Dr. Brigitte Bierlein zur Ernennung als Bundeskanzlerin der Republik Österreich und bedankt sich schon jetzt für das positive Zeichen, dass sie für uns Frauen setzt!